Mit dem All Out Terra Trail versucht Merrell den etablierten Trailschuhanbieter etwas entgegen zu setzen. Ob es ihnen gelingt? Im Trail-Magazin wurde der Schuh zumindest sehr von Denis gelobt.
Netterweise habe ich den All Out Trail von der für Merrell zuständigen PR-Agentur „Krauts“ aus München für einen Test zur Verfügung gestellt bekommen. Nun, nach 6h und knapp 50km Nutzung mal ein erster Zwischenbericht.
Der All Out Terra Trail (AOTT) fällt auf den ersten Blick durch seinen ungewöhnlichen Schaftabschluss auf, der aus einer Neoprengamasche besteht. Diese schützt allerdings eher vor Steinchen im Schuh, als vor Schnee im Winter.
Die Sprengung beträgt 6mm, für mich ist das fast das Optimum. Mit selbst gewogenen 314g bei Größe 43,5 liegt der Schuh im Mittelfeld. Allerdings ist er passabel gedämpft und bietet auch für alpine Trails genügend Schutz.

Die Sohle kommt von Vibram, was für Qualität bürgt. Auch nach knapp 50km zeigt die Sohle noch keine Abnutzungsspuren. Trotz teilweise recht harter Schotterwege und kurzer Asphaltabschnitte sind noch alle „Knubbel“ da und auch alle Oberflächenstrukturen auf den Stollen sind komplett intakt. Mal sehen wie das nach ein paar hundert Kilometern aussieht.
Die Schnürung ist von der klassischen Sorte, eine Schnürsenkeltasche gibt es nicht. Aber die Bändel halten gut, ich hatte bisher keine Probleme. Zur Not hilft eben ein Knoten über der Schleife.
Es sind zusätzliche Löcher für die „Marathonschürung“ vorhanden, die für nochmals etwas mehr Fersenhalt sorgt.


Apropos Fersenhalt, dieser ist recht gut, die Kappe sitzt gut und drückt auch nicht auf die Achillesferse.



Auf dem Trail…



Für mich hat sich der AOTT auf jedem Untergrund souverän gezeigt.
Auf hartem Untergrund wie Schotterwegen oder Asphalt hat der Schuh genügend Dämpfung, wirkt nicht schwammig und bietet auch der Sohle genügend Schutz vor spitzen Steinen. Für reinen Asphalt ist er natürlich trotzdem nicht gedacht, aber ein paar Kilometer zum Trail sind locker drin und gehen wohl auch nicht zu stark auf die Lebensdauer.
Auf Waldwegen -gerne auch wurzeldurchsetzten ist der Schuh natürlich in seinem Element. Wiesenwege dürfen gerne etwas feucht sein, auch ohne Membran schützt der Schuh gut vor Nässe.
Die einzelnen Profilstollen bieten auch im Matsch guten Grip und setzen sich dort auch nicht zu. Genauso wenig setzen sich kleine Steine im Profil fest.
[Update: Vergleich zum Merrell Allout Crush Light]
Weil ich gerade gefragt wurde (siehe Kommentare):
Im Vergleich zum Allout Crush Light sind das zwei völlig verschiedene Charaktere. Der Allout Crush Light ist ein sehr minimaler, luftiger Schuh – wobei hier minimal eher auf Gewicht und Flexibilität bezogen ist, weniger auf die recht ordentliche Dämpfung.
Er hat aber extrem wenig Protektion, außer an der Kappe. Spitze Steine drücken sich hier leicht schmerzhaft durch die Sohle. Dafür fühlt man der Untergrund etwas besser.
Der All Out Trail ist lange nicht so luftig, dafür feuchtigkeitsresistenter und vor allem viel besser geschützt.
Auf den ersten Blick mögen die Profile zwar ähnlich anmuten, aber beim Crush steht das Profil enger und vor allem ist das Gummi viiiieeelll weicher. Die Vibram Sohle des Trail scheint auch aus zwei verschiedenen Härtegraden zu bestehen, von denen aber beide härter sind als die Mischung des Crush.
Die Profilblöcke des Trail sind auch etwas höher als die des Crush.
Während ich den Crush eher im Alltagsgebrauch oder als Schuh für z.B. Crossfit oder als Laufschuh für Wiesen-/ Waldwege sehen würde, ist der AOT ein „echter“ Trailschuh, der eigentlich jedes Terrain gut meistert. Gerade hier bei uns (Donautal, Oberschwaben,…), wo sich Schotterwege, Trails mit Wurzeln und großen Steinen, Wiesen- und Waldwege und teilweise auch matschige Passagen abwechseln, empfinde ich ihn als fast Optimal.
Ähnliche Schuhe sind vielleicht der
Salomon Speedcross (besseres Schnürsystem, aber viel mehr Sprengung, kleinere Zehenkappe, etwas mehr Dämpfung und weniger Gefühl) und der
Inov8 Terraclaw 250 (weniger Dämpfung, weniger Protektion, dafür direkter).
Das Material auf der Zehenbox ist ein recht solides Nylongewebe, was minimal zum knistern neigt:
Das seitlich Gewebe ist ein engmaschiges (aber solides) Netzgewebe, das den Durchblick auf die Konstruktion des Schuhs (Stabilisierungsbänder) ermöglicht.
Sorgen um die Haltbarkeit mache ich mir da keine…
Negative Punkte?
Auf nassen Wurzeln oder Steinen ist der Halt nicht optimal, aber immer noch ok.
Die Manschette könnte etwas elastischer sein, damit sie noch enger am Fuß anliegt. Kleine Steinchen könnten evtl. trotz Manschette den Weg in den Schuh finden.
Eine kleine Schnürsenkeltasche wäre noch nett.
Eine zusätzliche GoreTex-Version, evtl. auch mit nochmals etwas höherer Neoprenmanschette wäre für den Wintereinsatz sicher auch eine schöne Option.
Der Schuh kostet (Liste) €135, aktuelle Tagespreise (Amazon 23.5.16) liegen allerdings deutlich darunter. Je nach Größe und Farbe ist der Schuh bereits für deutlich unter €100 zu bekommen (Größe 43 in Orange: €94,50!).
Der Schuh fällt größentechnisch aus wie die Konkurrenz, sprich ca. 1 Nummer größer. Meine Größen:
Merrell: 43,5
Salomon: 43 1/3 oder 44
Asics: 43,5
Inov8: 42 – 44 (fällt je nach Modell sehr verschieden aus)
Fazit:
Der Merrell All Out Terra Trail ist ein sehr universeller Schuh für eine große Anzahl von Untergründen von hart bis weich. Die Dämpfung und der Komfort haben mich überzeugt, für Distanzen bis zum Trailmarathon sicher geeignet. Die Zehenkappe ist relativ geräumig, die Sprengung mit 6mm im „Sweet Spot“ und die Schuhe bieten genug Schutz vor Wurzeln und Geröll. Dennoch ist das Gewicht noch im moderaten Bereich und der Schuh wirkt „lebendig“.
Wer eine Alternative zum „Speedcross“ mit weniger Sprengung und etwas besserer Eignung für harte Untergründe sucht, der wird hier fündig.
Hi Ralph,
wie immer – sehr sachliches und „knackiges“ Review. Kurze Frage noch….das Mesh sieht auf den ersten Blick etwas dünn und wenig strapazierfähig aus oder täuscht hier der Blick?
Gruß
Stephan
Hallo Stephan,
das mit dem Mesh täuscht. Auf der Zehenbox ist das kein Mesh sondern ein recht solides Nylongewebe, wenn es auch etwas knistert. Seitlich ist ein recht offenes, aber sehr engmaschiges Gewebe verbaut. Auch das macht einen ganz robusten Eindruck.
Wasserempfindlich scheinen beide Stellen aber nicht zu sein.
Viele Grüße
Ralph
Hey..das ging aber schnell 🙂 Danke….das Schuh-Design selber finde ich klasse, aber ich kann den Schuh nicht so richtig in Bezug auf Einsatzgebiet eingrenzen.
Die Sohle scheint der des Crush Light zu gleichen, oder?
Stephan
Hallo Stephan, ich habe mir erlaubt den Artikel auf deine Nachfrage hin zu ergänzen:
Update
Viele Grüße
Ralph
schade das es hier keine „Daumen-hoch“-Icons gibt 🙂 Danke nochmal für den Vergleich
Stephan
Danke für den Testbericht.
Ich habe momentan unter anderem den Allout Crush Light im Test und kann nach den ersten Eindrücken bestätigen, dass er wohl nur bedingt technische Trails meistert. Zumindest im Abstieg könnte es spannend, denn etwas mehr Protektion wäre schon gut. Sonst finde ich den Schuh aber sehr genial.
Der Allout Trail scheint Teile besser, aber manche auch schlechter zu machen.
Eine optimale Mischung aus beiden Schuhen wäre sicher awesome.