Ungleiche Vettern – ein Vergleich von Tamron 100-400 und Nikkor Z100-400 am Z-System – Teil 2 – die Optik

Fortsetzung von Teil 1!

[Updated 5.3.23: neue Bildvergleiche, Bokeh]

Kommen wir aber zum spannenden Teil, wie schlägt sich das viel günstigere Tamron gegen das hochgelobte Nikkor?

Nun, zuerst einmal kann ich hier nicht auf „Laborniveau“ testen, dazu auch nur an 2 einzelnen Objektiven (und laut einiger Kommentare scheint mein Exemplar des Tamron ein sehr gutes zu sein).

Ich habe hier vor allem „praxisnah“ getestet, d.h. eher im Bereich 300-400mm (wozu kauft man sich so ein Objektiv schließlich?!), häufig auch mal freihand (aber nicht nur).
„Unschärfe“ kann viele Ursachen haben, zum einen natürlich das Objektiv selbst, zum anderen aber auch eine Verwacklungsunschärfe, Bewegungsunschärfe im Motiv (wehende Blätter) oder auch einen etwas anderen Fokuspunkt.
All das habe ich versucht bestmöglich auszuschließen.

Die Bilder bei 100% oder gar in der Übersicht unterscheiden sich sowieso praktisch nicht voneinander, daher hier 400% Ausschnitte aus Lightroom.

Ich habe versucht die Tests auf verschiedene Distanzen durchzuführen, schließlich wird so ein 100-400er ja auch vielfältig genutzt. Während die Mitteldistanz wohl am typischsten sein dürfte (Landschaftsdetails, Tiere, Portraits) ist der Nahbereich eher für Schmetterlinge,Libellen usw. von Bedeutung. Den Unendlichbereich halte ich für fast ebenso wichtig. Ich schieße viele entfernte Berge, wo ein 400mm die Landschaft schön „komprimiert“ und auch für Detailaufnahmen des Mondes ist so ein 100-400er gut zu gebrauchen.

Verwendung an APS-C

An APS-C ergibt sich ein Bildwinkel der dem eines 150-600mm entspricht, also einer bei Tierfotografen sehr beliebten Brennweite.
Durch den Crop fallen die Randbereiche des Objektives weg, andererseits wird durch die höhe Pixeldichte die Optik auch wesentlich stärker gefordert als bei einer ähnlichen Megapixelzahl an Vollformat.
Aktuell hat Nikon hier im APS-C („DX“) Bereich der Z-Kameras nur einen Sensor, einen 20,9MP Sensor der in Z30, Z50 und Z fc zum Einsatz kommt.

Fernbereich

Hierfür habe ich mir den Mond ausgesucht, ein wunderbares Objekt für einen Vergleich. Ein wahnsinnig hoher Detailgrad, praktisch unendliche Entfernung, sehr konstante Beleuchtung- und auch von jedem nachvollziehbar. Dazu noch ganz nett anzusehen. Diese Aufnahmen wurden mit der Z fc (APS-C) mit 20,9MP gemacht. Bezogen auf die notwendige Auflösung/ Pixeldichte entspricht das ziemlich gut den 45MP der Z7 oder Z9 – und der Randbereich ist hier sowieso egal, da nachtschwarz…

Praktisch gehören Mondaufnahmen zu den einfachsten Motiven, hohe Brennweite, ISO Basis (100 oder 200), Blende offen oder leicht geschlossen (5.6, 6.3, bis 8), ca. 1/250s. Wichtig: Vollmanueller Modus. AF funktioniert, Stativ muss nicht unbedingt sein, Stabi reicht eigentlich.

Aufnahme: 1/250s, f/6.7 , 400mm, ISO200 (das ISO 100 Bild mit dem Z100-400 ist 1 EV hochgezogen)
Wie man am 400% Crop sieht, sieht man nicht viel Unterschied. an manchen Stellen erscheint mir das Z (rechts) einen Hauch schärfer, aber an anderen Stellen würde ich eher dem Tamron (links) den Vorzug geben.

Mitteldistanz (ca. 100m)

Dieses Scheunentor zeigt eine schöne Holzmaserung und viele kleine Details. Auch hier wieder 400% Ausschnitte im Vergleich, damit man überhaupt Unterschiede sieht.
Diesmal vom Stativ mit Selbstauslöser.

Überblick:

400% Details (Offenblende)
Ich sehe auch hier wirklich kaum Unterschiede. Fokussiert wurde (Pinpoint AF) auf den mittleren Türbalken.
Insgesamt erscheint mir das Tamron hier sogar minimalst schärfer.

Was aber durchaus auffällt: Die Bilder mit dem Z sind etwas dunkler. (eigentlich sollten 1/60s f/6.3 und 1/90s f/5.6 ziemlich identisch belichtet sein. Auf dem Bild unten habe ich dem Z rechts +⅓ EV zugegeben. Vor allem in den dunklen Strukturen des Holzes sieht man, dass das Bild kontrastreicher ist, aber dadurch auch feine Strukturen im Holz absaufen.

Leicht abgeblendet auf f/6.7 ist dann wirklich Gleichstand:

Da finde ich das Tamron in der Holzstruktur etwas stärker, das Z bei der roten Steckdose

300mm:

Bei 300mm ist das Z schärfer und kontrastreicher. Wobei das jetzt auch keine Welten sind…

Nahbereich

Hierfür habe ich einen €5 Schein ausgeleuchtet und abfotografiert. Die Aufnahmen entstanden stets aus folgenden Abständen:

100mm 1,5m

200mm 2,9m

300mm 4,3m

400mm 5,7m

500-600mm 7m

(Vorlage war hier der Traumflieger-Testaufbau)

100mm

Hier ist das Nikkor Z stärker (schärfer und kontrastreicher)

und zum Vergleich unten mal das Z105mm Makro und das Z24-120mm von der selben Stelle bei ähnlicher Blende.

200mm

Bei 200mm sehe ich die beiden gleichauf, vielleicht sogar das Tamron etwas vorne.

300mm

Bei 300mm sehe ich das Z etwas im Vorteil:

hier nochmals ein Bonusvergleich: links das Nikkor AF-S 300mm PF mit dem TC14E (420mm) und rechts das AF-S 200-500mm. Das 200-500 sehe ich hier nochmals über beiden 100-400ern.

400mm

Hier finde ich beide sehr sehr ähnlich, aber dennoch bin ich da eher beim Tamron.

hier der Vergleich Nikkor Z100-400 gegen das AF-S 200-500 bei 400mm f/5.6, da schlägt das 200-500 das Nikkor deutlich.

[Update] Ein paar Vögel

Heute konnte ich noch ein paar Nilgänse (Alopochen aegyptiaca) fotografieren.

Überblick, damit man die Distanz sieht (trotz 400mm Brennweite an Z50 (APS-C!))

Ein 400% Crop aus obiger Aufnahme (hier links das Z):

und sogar bei 800% Crop

[Update] Einsamer Baum

Diesen Baum habe ich bereits einmal vor dem Vollmond abgebildet. Die Distanz beträgt ca. 1000m.
Auch hier wieder 400mm und 400% Crop (rechts das Z). Also ich sehe da praktisch keinen Unterschied…

Nahbereich

Hier noch ein Blümchenbild von heute, beide sind freihand bei 400mm und an der jeweiligen Naheinstellgrenze gemacht.
Wie man sieht, kommt man beim Nikkor deutlich näher ran und erhält auch einen größeren Abbildungsmaßstab.
(hier keine 400%, sondern 66% bei allen vieren)

hier zum Vergleich noch das Z 105mm MC (letzteres NICHT an der Naheinstellgrenze) und das Z24-120mm f/4 (das hat einen sehr ähnlichen Abbildungsmaßstab wie das Z 100-400.

Vignette, Flaring, CA, Bokeh

Die obigen Aspekte habe ich mal ausgelassen. Vignettierung ist mir meist sowieso egal, da kommt eigentlich immer sowieso eine in der Nachbearbeitung drauf. Flaring und Bokeh habe ich nicht getestet.
Was die CA an Kontrastkanten angeht, so scheinen beide keine Probleme zu haben.
Bei 400%:

[Update] Bokeh

Hier ein kleiner Bokehvergleich bei 165mmm und 400mm (natürlich jeweils bei Offenblende und von der identischen Position).
Übersicht:

Ausschnitt:
Vielleicht minimal weicher beim Z?

bei 400mm:
Ausschnitt. Auch hier eine sehr ähnliche Charakteristik. Beides voll brauchbar.

Fazit

Beides sind tolle, brauchbare Objektive. Das Nikkor Z 100-400 S punktet mit einer tollen Haptik, einer vielfältigen Ausstattung (Display, Einstellring, Beschichtung, FN-Buttons), besserem AF, Telekonverterkompatibilität, einer höheren Lichtstärke, einer besseren „Pseudomakro“-Fähigkeit und besserem Stabilisator. Es kann toll mit dem Z24-120mm kombiniert werden (und auch mit dem Z20mm)- alle haben die selben 77mm Filtergewinde.
Viele gute Punkte.

Das Tamron punktet hier deutlich mit seinem Preis von ca. 1/4 des Nikkor (gebraucht nochmals deutlich weniger), dazu ist es 120g leichter und kompakter (deutlich schlanker, wenn auch knapp 1cm länger).
Durch den FTZ Adapter kann (wenn der für mehrere Linsen genutzt wird) Gewicht und Packmaß gespart werden.
Durch den F-Mount passt das Tamron auch an ältere Kameras oder adaptiert an andere spiegellose Systeme.

Optisch hingegen ist das ganze nicht ganz so eindeutig. Bei 100 und 300mm ist das Z besser, bei 200 und 400mm sind die Unterschiede minimal und eher zugunsten des Tamron, was ich so absolut nicht erwartet habe.
Wie es an höher auflösenden Sensoren (Z7, Z9) aussieht? Andererseits entspricht das (zumindest im Zentrum) der Sensorauflösung der Z50/ Z fc – und auch da hat das Tamron eine gute Figur gemacht (Mondfotos).

Als Sports- und Actionfotograf und vielleicht auch als Tierfotograf würde ich eher zum Z100-400 greifen. Wenn es aber um Intimate Landcape, Bäume, Seascapes, Landschaftsdetails usw. geht, dann spricht gar nicht mehr so viel für das Z, was den immensen Aufpreis rechtfertigen würde.


Hier meine 13 besten Aufnahmen mit dem Tamron 100-400!


Werbung

Beide Objektive sind selbst gekauft (das Tamron gebraucht), das Nikkor bei der aktuellen 10% Aktion, so dass hier niemand Einfluss auf das Ergebnis des Tests genommen hat und auch keine wirtschaftlichen Abhängigkeiten (weder zu Tamron wie auch zu Nikon) bestehen. Dennoch:
Es werden Marken genannt, daher würde ich den Beitrag rein rechtlich dennoch als „Werbung“ einstufen.

2 Antworten auf „Ungleiche Vettern – ein Vergleich von Tamron 100-400 und Nikkor Z100-400 am Z-System – Teil 2 – die Optik

  1. Herzlichen Dank für diesen ausführlichen Überblick zu den beiden Objektiven. Ich bin aktuell mit dem Nikon am liebäugeln, mir allerdings noch etwas unschlüssig. Eventuell reichen mir auch die 200mm und somit das 70-200 bzw. alternativ das 70-180.

    1. Schwierige Entscheidung. Das kommt immer auf die individuelle Fotografierweise an. Ich nutze das 100-400 immer gut aus – gerne auch mit dem 1,4 und sogar 2x Telekonverter. Aber vielen anderen reicht auch ein 70-200.
      Ich würde zwischen dem Z70-200 und dem Z70-180 vermutlich das Z70-180 wählen, einfach weil das die viel kompaktere und halb so teure (und nur unwesentlich schlechtere) Variante ist. Insgeheim habe ich immer auf ein kompaktes 70-200 f/4 gehofft, aber da ist das 70-180 dicht dran was Größe, Gewicht und Preis angeht.
      Kommt vielleicht auch mit drauf an, was du schon nutzt. Vom Z24-120 (das ich viel nutze) auf das Z70-180 ist ja kaum der Rede wert. Die 60mm kann man auch croppen…
      Da ist das 100-400 eine bessere Ergänzung für mich.
      Ich habe daneben auch noch ein altes AF-S80-200mm f/2.8 und ein AF-S 70-200 f/4 die ich kaum nutze und die mich beide eigentlich verlassen könnten, so wenig wie sie im Einsatz sind.

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